Überwindung der traditionellen Wertesysteme. Überwindung der Lüge. Perspektive Gottes.

von Maciej Zasada

Die Angst ist allgegenwärtig.
Menschen befürchten den Virus, den Tod, den Verfall von Recht, Ordnung, Kirche, Familie, sie befürchten Apokalypse, Greta Thunberg und den morgigen Tag. Zudem, angesichts der ungewissen Zukunft, denken sie rückschrittlich – sie wollen tatsächlich, dass alles so bleibt, wie es ist.
Leider ist die Unbeständigkeit, eine der Prinzip-Eigenschaften dieses Universums. Nichts verharrt hier in Ruhe, panta rhei…
Die vernünftigste Wahrnehmungsmethode wäre daher die Akzeptanz der daherkommenden Veränderungen. Die Angst vor der Zukunft lähmt das Gegenwärtige. Und eben das ist irrational – Zukunft wird ja so oder so entstehen – unabhängig davon, ob sie einem gefällt oder nicht.


Dekonstruktion der Sentimentalwerte.

These: die meisten Wertesysteme sind virtuelle Sprachkonstrukte – sie besitzen kein reales Dasein innerhalb der Wirklichkeit der Gegenstände – sie sind virtuell.

Die Natur der Begriffe und der Werte innerhalb der Natur.
Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.
Ludwig Wittgenstein („Tractatus Logico-Philosophicus”, Satz 5.6)

Ich war lange unter dem Einfluss dieser Worte und lange glaubte ich, dass sie definitive Wahrheit ausdrücken. Heute weiß ich jedoch, dass die Wirklichkeit der Welt vor allem außerhalb des sprachlich Ausdrückbaren sich abspielt. Heute weiß ich sogar mehr: es existiert gar keine Verbindung zwischen der realen Welt (welche ich weiter als „Natur“ bezeichnen will) und der Welt der Begriffe und Bezeichnungen der Sprache. Es ist zwar schwer vorstellbar, aber diese zwei Mengen besitzen überhaupt keine gemeinsamen Punkte.
Die Begriffswelt existiert real nur im Kontext des artikulierenden Bewusstseins, die Natur dagegen operiert mit gar keinen Begriffen (meine abgewetzte Metapher: ein Baum am Straßenrand, ist dieser ein Gegenstand der sprachlichen Beschreibung, kann als solcher existieren oder nicht, kann grüne Blätter, Nadeln oder andere Attribute besitzen, kann auf der rechten oder linken Straßenseite stehen…Derselbe Baum, betrachten wir ihn in Wirklichkeit, ist genau so, wie er ist – er existiert oder nicht – aber gewiss unterliegt er keinen Gesetzen der dialektischen Zweiwertigkeit, dh. seine Existenz oder Nichtexistenz kann, im Gegensatz zu einer beliebigen Beschreibung, unter gar keinen Umständen falsch sein…).

Alles innerhalb der nichtsprachlichen Welt ist, auch für ein bewusst operierendes Wesen, höchstens ein Bildnis, kein Wort.

Auf diese Art und Weise lassen wir den frühen Wittgenstein hinter uns: die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Sprachlogik, nicht die meiner Welt, denn die Welt erstreckt sich auch auf diejenigen Aspekte, die unabhängig von, oder trotz der Sprache existieren.

Den allgemeinen Fehler sehe ich also darin, dass wir die Begriffe der Sprache mit Gegenständen, welche diese Begriffe bezeichnen, gleichsetzen (beschreiben wir eine Cola-Flasche, so entsteht ein Bild dieses Gegenstands im Kopf des Empfängers – es existiert aber ein fundamentaler Unterschied zwischen einer sprachlich umschriebenen Cola-Flasche und derjenigen, welche auf dem Tisch steht, diesen nämlich, dass die wirkliche Flasche, unabhängig von ihrem Existenzzustand, kein Gegenstand einer (falschen) Aussage sein kann (der Existenzzustand einer Cola-Flasche ist völlig unabhängig von der Existenz und von der Qualität der Beschreibung).
Dieser Umstand ist insofern bedeutend, als dass er zwar solange der Unterschied zwischen den Gegenständen der Beschreibung und den Gegenständen der Natur nicht konstatiert wird, keine Rolle spielt – indem dieser Unterschied aber erkannt wird, ist seine Bedeutung umso größer. Bemerken wir ihn nämlich, so unterliegt unser Weltbild einer der wichtigsten paradigmatischen Korrekturen überhaupt.

Zwischenbemerkung: Begriffe bedeuten nicht, Begriffe bezeichnen.

Die Tatsache, dass wir unsere Abhängigkeit von der Sprache und von der Logik der Begriffe einerseits begreifen, andererseits erkennen, dass real existierende Welt der Gegenstände von der Sprache und von der Logik der Begriffe weitgehend unabhängig ist, erlaubt uns tatsächlich, unsere Perspektive auf die Wirklichkeit zu verändern. Dies erlaubt uns nämlich das Gewicht der Begriffe, welche nur innerhalb unseres Bewusstseins einen Sinn besitzen, in das richtige Verhältnis zur Natur zu stellen.

Es gilt die Regel: Begriffe bezeichnen Gegenstände a, b, c – Gegenstände a, b, c sind keine Begriffe.

Verfolgen wir diesen Gedanken weiter, so erkennen wir, dass unsere Werte nur innerhalb der Sprache existieren können – als solche besitzen sie keine Gegenständlichkeit, welche unabhängig vom Bewusstsein und von der Sprache wäre.

Die Konsequenzen dieser Erkenntnis betreffen alles (denken wir an die Physik, die ihre Gesetze artikuliert, während ihre erklärte Aufgabe es ist, das Gemessene mit physikalischen Sprachgesetzen in Verbindung zu bringen: hier entsteht ein elementarer Widerspruch zwischen der reinen Evidenz der „Natur“ (Messung/Bildnis) und den logischen, syntaktischen und semantischen Gesetzen der „Physik“ (Logos)).

Genau hier spielt sich der Paradigmenwechsel ab und dies bedeutet das Ende der zweidimensionalen Grundlage der menschlichen Vernunft.
Unterbewusst spüren wir, dass die Zeit des Wandels gekommen ist. Die gesellschaftliche Ordnung wackelt, die traditionellen politischen und religiösen (moralischen) Wertesysteme schwinden einerseits, andererseits versteifen sie im Dogma.
Gerade deshalb ist es für Viele so wichtig geworden, die kippende Ordnung der Wertesysteme vor dem Fall zu bewahren. Viele hoffen, dass die Erhaltung der traditionellen Werte und Ordnungen, ihre eigene Welt retten kann. Doch einmal in Gang gesetzte Räder…

Eine der ärgsten Ängste, welche mit dem Wandel der Wertesysteme einhergehen, ist die Angst um die Erhaltung eigener Identität.

Die Identität innerhalb der Gemeinschaft ist uns insofern wichtig, als dass sie die Befestigung des individuellen Daseins und seiner Bedeutung auf der Ebene der übergeordnet organisierten Gruppe erlaubt. Weil wir uns mit den Gemeinschaften, denen wir angehören, identifizieren, schreiben wir ihnen besondere Eigenschaften zu. Die eigene Familie soll besonders wertvoll sein, eigene Nationalgruppe soll herausstechende Eigenschaften besitzen, nur derjenige Gott, an den wir selbst glauben, soll wahrhaftig sein, nur Menschen, die unsere ideologische Anschauung teilen, sollen wissen, wie die Welt zu organisieren ist, damit sie sinnvoll funktioniert…das Böse wohnt in den Seelen der Anderen.
Indem wir uns mit einer Gemeinschaft und ihrem Wertesystem identifizieren, erhalten wir als Gegenwert die Teilnahme an ihren positiven Eigenschaften und Werten, an ihrer Macht, an ihrer Großartigkeit und an ihrer Wahrheit…
Es stellt sich aber schnell heraus, dass Werte, welche wir mit den Gruppen assoziieren, nicht die erhoffte Stabilität besitzen, um als allgemeingültig unter allen Umständen zu gelten.

Die Frage, ob die übergeordneten Gruppenstrukturen, wie Familien, Nationen, ideologische oder religiöse Gemeinschaften überhaupt real existieren und ob ihre Wertesysteme gültig und bindend für uns sind, ist jeweils abhängig vom Bewusstseinskontext, in dem wir erzogen werden (und in dem wir meistens zeitlebens funktionieren).
Allein die Tatsache jedoch, dass die Mehrheit von uns solche Verbindungen eingeht, reicht noch nicht aus, um übergeordnete Gruppenstrukturen als Bestandteile der Wirklichkeit der realen Dinge zu betrachten. Diese Strukturen mit ihren Institutionen, Grenzen, Gerechtigkeit, Moral gelten nämlich ausschließlich lokal – sie sind demnach logisch unvollständig (siehe „Verallgemeinerung der gödelschen Sätze“, darin die Bedeutung von Lokalität und Universalität für die Vollständigkeit logischer Systeme).

Drücken wir dies so aus: die Legitimität der übergeordneten Gruppenstrukturen erweist sich deshalb als fraglich, weil die Werte, die sie tragen aus der universellen Perspektive betrachtet unvollständig sind, und aus der lokalen Perspektive betrachtet, sich früher oder später als widersprüchlich erweisen.


Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit der Begriffe und Werte.

Die Reihenfolge der einander einschließenden Gruppenstrukturen beginnt mit und wird definiert durch den ersten Verbindungskreis – die Familie.
In der Familie zeigt es sich der Sinn des Übergangs von der individuellen Lokalität hin zur Universalität der Gruppe, von der gesellschaftlichen Impotenz eines Individuums, hin zur Omnipotenz der Gemeinschaft.

Meine Aufgabe besteht hier unter anderen darin, die Bedeutung der Begriffe und der mit ihnen assoziierten Werten zu reseten, d.h. sie auf ihre logische Dimension zu reduzieren, ihre sentimentale Hülle loszuwerden. Deshalb handele ich – ich negiere die reale Existenz der sentimentalen Werte.

Negation der Familienwerte.

Motto: Frau Elisabeth Bahlmann (Mutter Karl Lagerfelds) bei der Beerdigung ihres verstorbenen Gatten zu seiner Familie: „Jetzt sind wir nicht mehr verwandt!“.

Bemerkung: Achtung, stark vereinfachte Betrachtung!

These: Die Institution der Familie ist ein Fake.

Beweis: Personen a und b finden sich toll und gründen eine Verbindung – diese nennen sie „Familie“ (dabei sind a und b als unabhängige Konsequenzen ihrer jeweiligen Kausalitätspfade zu verstehen – Personen, die eine neue Familie gründen, sind sich in der Regel meist völlig fremd). Nach einiger Zeit kommen die Nachkommen von a und b auf die Welt. Diese wachsen heran in der Überzeugung, die Verbindung ihrer Eltern und die ihrer jeweiligen Kausalitätspfade ist real und unzertrennlich (Kinder werden meistens nicht mit der Tatsache konfrontiert, dass a und b sich fremd (gewesen) sind, im Gegenteil, ihre Verbindung wird vor den Kindern meist hochstilisiert – man spielt seine Rolle, solange es geht und solange es nötig ist. Dies ist der Grund und der Sinn der stabilen Familienverbindung aus der Perspektive der Kinder.

Betrachten wir nun die Eltern.

a und b leben solange in einer Familienverbindung, bis eines von ihnen verstirbt (modellhaft). Nach dem Tod eines der Elternteile gibt es auch keinen plausiblen Grund für das Fortdauern der Verwandtschaft von Kausalitätspfaden a und b. Somit wird ihre Verbindung auf mehr oder minder elegante Art und Weise beendet.
a und b werden sich wieder fremd („jetzt sind wir nicht mehr verwandt!“).

Parallel und auf dieselbe Art und Weise verlieren die Familienverbände a und b ihre individuelle Identität. Sämtliche Familienverbindungen verschwimmen so mit der Zeit, und zwar im Rhythmus der einander folgenden Generationen. Die Familien verbinden sich, und trennen – sie verlieren ihre Identität sowohl intern, als auch extern – innerhalb ihrer wechselseitig eingegangenen Verwandtschaftszyklen.

Fazit: Es existieren keine stabilen Familienverbände – die Institution „Familie“ ist ein Fake.
QED

Familienzugehörigkeit scheidet also als erster Kreis der gesellschaftlichen Universalität aus. Sie besitzt lediglich einen sentimental-qualitativen Wert und einen praktischen (Prokreation und Erziehung der Nachkommen unter günstigen Umständen).

Das einzige Merkmal, das innerhalb der Institution der Familie als bleibend gelten kann, ist der Familienname. Doch der Name ist auch nur ein Wort. Als solches besitzt er keine Existenz innerhalb der Natur. Dass es so ist, überzeugen sich beispielsweise junge Frauen, die ihren Geburtsnamen undramatisch ablegen, um ihren neuen Familienbund zu stabilisieren.
Das reicht.

Die logische Unvollständigkeit der Institution „Familie“ braucht hier gar nicht groß behandelt zu werden. Diese ist aus universeller Sicht evident.
Um den Begriff „Familie“ als logisch vollständig zu betrachten, müsste die gesamte Bevölkerung dieses Planeten als eine „Familie“ bezeichnet werden (diese Bezeichnung wäre dann auch konsequent und logisch).

Negation der Nationalwerte.

Motto: „Die Gruppe wird narzisstisches Verhalten fördern und dem narzisstischen Verhalten besonders edle Eigenschaften bescheinigen.“
Erich Fromm (sinngemäß)

Der Begriff der Nation erweist sich aus universeller Sicht unvollständig (weil der universelle Anspruch nicht erfüllt werden kann) und aus der lokalen Perspektive widersprüchlich (weil erkannt wird, dass es neben der eigenen, eine Menge anderer, im Grunde gleichberechtigter Identitäten gibt).

Der Grund dafür ist erneut die Tatsache, dass „Nation“ bloß ein Begriff ist, und als solcher ein Gegenstand der Logik, dem kein real existierendes Dasein angekoppelt ist (paradoxerweise). National zu bezeichnen ist generell genauso absurd, wie es absurd ist, einen Baum am Straßenrand als „deutsch“ oder „polnisch“ zu bezeichnen (denn kein Baum besitzt individuell Merkmale, die ihn „national“ von den anderen Bäumen dieser Welt unterscheiden können). Alle Merkmale, die Einen „national“ auszeichnen, zeichnen im positiven, wie im negativen Sinne alle anderen Menschen gleichermaßen aus.
Wir sind wie Bäume in der Natur befestigt, in der keine Partikularismen, keine Angehörigkeiten und keine Werte eine Rolle spielen, in der die Vögel, die Wölfe, die Flüsse, die Wolken, der Wind und die Sonne unsere Grenzen überwinden und zeigen, dass diese in der realen Welt keine Präsenz und keine Bedeutung besitzen, in der die Metapher von einem riesigen, kugelförmigen Raumschiff von Buckminster Fuller gilt, in dem wir die Rolle der Besatzung spielen.
Um dies zu erkennen, muss nur erkannt werden, dass die Realität der Begriffe, mit deren Hilfe Gegenstände bezeichnet werden, nichts mit der Realität der Gegenstände zu tun hat, welche bezeichnet werden.

Ungeachtet der Tatsache, dass Begriffe Natur beschreiben – Natur bleibt stets stumm.

Zwischen Natur und Begriff existiert daher keine reflexive Verbindung – bezeichnende Begriffe existieren innerhalb des Bewusstseins und innerhalb der Sprache, sonst nirgends.
Schreiben wir den Begriffen die Gegenständlichkeit innerhalb der Wirklichkeit zu, so erweist sich die Sprache als Brutkasten für allerlei wertlose Mythen und Sentimente.
Diese besitzen dann eine semantische, keine faktische Bedeutung, denn sie besitzen keine Urbilder innerhalb der Welt, in der das Sonnenlicht bewirkt, dass Gegenstände Schatten werfen.

Nationen und Staaten haben keine universelle Bedeutung. Sie haben nämlich nur auf der Oberfläche dieses Planeten einen Sinn. Wenn Sie es nicht glauben, machen Sie ein Experiment: stellen Sie sich eine Versammlung des Hohen Intergalaktischen Rates vor, bei dem zuerst der Sprecher der Galaktischen Vereinigung der Virgo-Gruppe die Ansprache hält, und danach Ministerpräsident der Republik Bulgarien – eine lustige Vorstellung…

Negation der zweiwertigen Institution Gottes.

Motto: Gott mit uns“, also mit wem konkret? Er kann doch nicht, als universeller Schöpfer, „mit uns“, gegen irgendetwas sein…dass Er selbst erschaffen hat.

Der Mechanismus einer übergeordneten Gruppe ist wie gesagt immer derselbe, unabhängig davon, ob es sich um Familie, Nation, Ideologie oder Religion handelt – das gesellschaftlich impotente Individuum identifiziert sich mit übergeordneten Wertesystemen und bekommt als Gegenleistung die Möglichkeit, an der Macht, an der Wahrheit oder an der Werteuniversalität der Gruppe teilzunehmen.

Identifizieren wir uns jedoch mit einer religiösen Gemeinschaft, so erhalten wir einen Bonus – die Teilnahme an der höchstmöglichen Instanz des Guten und des Wahren, denn die Qualität einer solchen Gemeinschaft besteht gerade darin, dass sie über eine a priori vorausgesetzte Verbindung zu Gott verfügt. Die Teilnahme an der höchsten Macht garantiert den höchsten Nutzen für diejenigen, welche sich mit der Gemeinschaft der Gläubigen identifizieren.

Die gleichzeitige Existenz von Religionen, die sich gegenseitig ausschließen, die zum Teil denselben Gott verehrend, die Exklusivität der eigenen Verbindung zu Gott allein für sich reklamieren, bestärkt jedoch in der Annahme, dass der „Wirkungsbereich“ der Religionen lokal verbindlich ist. Keine von den Religionen der Schrift besitzt eine universelle Gültigkeit. Trotz eines oft gemeldeten Anspruchs.

Diese programmatische Lokalität steht in krassem Widerspruch zur erwarteten Universalität der vertretenen Werte.

Es gilt daher: Gott hat keine Religion.

Jede Religion, als Gegenstand zweiwertiger Logik, wirkt lokal, innerhalb des artikulierenden Bewusstseins – nicht innerhalb der realen Welt der Gegenstände. Dies disqualifiziert Religion als Instrument vollständiger Beschreibung Gottes und auch als Methode der „Kommunikation“ mit dem Höheren.

Rufen wir uns in Erinnerung das, was oben über den Unterschied zwischen der Beschreibung eines Gegenstands p und der realen Existenz von p innerhalb der Wirklichkeit gesagt wurde. Diese zwei Existenzen von p haben nichts miteinander zu tun. Sie gehören unterschiedlichen Welten an…
Daraus folgt unmittelbar, dass eine Religion, wenn sie das Wesen Gottes beschreibt, das unvollständige Bild Gottes kolportieren muss.
Wenn nämlich angenommen wird, dass Gott wirklich existiert, dann fehlt seiner sprachlichen Umschreibung ein wesentlicher Teil, und zwar die faktische Präsenz oder Gegenwärtigkeit seines Wesens, seiner unausgesprochenen Gesetze und Gebote innerhalb der Natur. Wir erkennen daher, dass alle Religionen der Schrift in Bezug auf eigenes Gottesbild unvollständig bezeichnen. Sie versagen als Übermittler universalgültiger Information, welche das Wesen Gottes (Gottes Bild) eigentlich ausmachen müsste und welche für das Verständnis Gottes essenziell wichtig ist.

Ob Gott existiert ist, jedenfalls vom irdischen Standpunkt aus, nicht auszuschließen. Was aber mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann, und unbedingt muss, ist die Legitimität der Verbindung der lokal organisierten Religion mit universal wirkendem Gott. Hier gibt es, nachdem die Frage der lokalen Gültigkeit der Religionen hinlänglich geklärt wurde, keine Zweifel: Religion und Gott sind untereinander nicht vereinbar, ungeachtet der Zahl der aufgerichteten Gotteshäuser und ungeachtet der Zahl der Gläubigen. Die Religion ist eine Institution der Sprache (oder der Schrift), Gott dagegen transzendiert per definitionem alle Aspekte der Wirklichkeit, darunter auch solche, die von menschlichem Bewusstsein und von der menschlichen Sprache unabhängig sind.

Daher gilt: Eine „wahre“ (logisch vollständige) Religion des Logos kann nicht existieren. Deshalb auch kann Gott keine Religion besitzen.

Ich gehe sogar weiter und behaupte, dass keine lokalgültige, durch Dogma limitierte Religion irgendetwas mit Gott zu tun haben kann, mit Gott – dem transzendierenden Universalwesen – und zwar weil eine Religion Argumentations- und Ausschlussmechanismen besitzt, welche gegen die „Konkurrenz im Glauben“ gerichtet sind. Dies ist ein klarer Hinweis, dass Religion ein dialektisches Sprachsystem ist, welches innerhalb eines archaischen, zweiwertig-ausschließenden Sprachsystem wirkt. Eine universalgültige Religion Gottes würde dagegen gewiss niemals ausschließen.

Perspektive Gottes.

Wir vertrauen den Kompetenten, den Bewanderten, den Erfahrenen…
Deshalb höre ich schon Stimmen, die mir vorwerfen, ich besäße als Ungläubiger kein Recht über den Glauben, über die Religion, über die Kirche oder Gott zu sprechen. Ich aber erarbeite mir das Recht, wenn auch nicht durch tägliches Beten.
Ich stelle mir beispielsweise vor, unter welchen Umständen existierender Gott auf Erden funktionieren könnte, mit welchen Problemen wäre er konfrontiert, müsste er wie seine Anhänger als Mensch unter Menschen leben und reflektieren.
Dass Er damit Problem hätte, steht außer Frage, denn als eine Instanz des ewig existierenden und über alle Epochen Eindrücke sammelnden Bewusstseins, wäre er, glaube ich, nicht ganz zufrieden mit dem Zustand, in dem sich heutige Menschheit befindet.

Ihr sollt wissen, Ihr Gottesfürchtigen, dass die Qualität Euerer Überzeugung für Gott unerträglich wäre, existierte er als ebenbürtiges Wesen unter Euch und wüsste, was Ihr in seinem Namen verkündet und tut.

Die Logik.

Wenn sentimentale Werte nicht real sind, warum nehmen wir sie so ernst, und warum nehmen wir sie so deutlich wahr?

Die Werte, mit den wir uns identifiziert und in die wir eigene Relevanz investiert haben, stellen sich zwar letztendlich als Mythen heraus, aber sie bekommen durch unsere Teilnahme eine besondere Dynamik und einen neuen Sinn.
Deshalb veredeln wir sie, deshalb werten wir sie auf, deshalb kämpfen wir um sie und riskieren dabei sogar eigene Existenz…all dies, damit unsere eigene Relevanz von ihrem Glanz profitiert.

Wenn wir einerseits die eigenen ideologischen oder religiösen Präferenzen betrachten, eigene (moralische) Überlegenheit in Bezug auf diejenigen, deren ideologische Präferenzen wir ablehnen; wenn wir den eigenen Hass betrachten, den wir aus ästhetischen oder ideologischen Gründen empfinden; wenn wir andererseits daran denken, dass die Werte, die wir vertreten, nicht real existieren, und wenn wir dazu noch bedenken, dass das, was nach einer durchgeführten Dekonstruktion von diesen Werten, Überzeugungen und Präferenzen noch übrig bleibt, dann entdecken wir die Eigenschaft, die hinter allen „Werten, Überzeugungen und Präferenzen“ steht, und allen Menschen gemeinsam ist – unseren Narzissmus…

Die starke, fast schon emotionale Bindung an besondere Werte oder an Gemeinschaften, welche diese Werte vertreten (bspw. Glaubensgemeinschaften), hat daher narzisstische Begründung. Wir veredeln die Strukturen, mit den wir uns identifizieren, wir sind an ihrer Macht und an ihrer Präponderanz persönlich interessiert – denn fallen ihre Werte, so fällt auch unser eigener, und je höher sie stehen, desto wertvoller und wichtiger sind wir in unseren Augen und in den Augen Anderer. Und noch was: Unser Kern besteht aus Gedanken, Annahmen und aus Wertesystemen, die wir uns zu Eigen machen, um den Erwartungen der Welt zu entsprechen und um geliebt zu werden.

Das ist die Triebfeder: das Bedürfnis geliebt zu werden.

Umwertung der logischen Werte.

Die Logik, welche wir noch heute im Alltag benutzen, erfüllt nicht die Voraussetzungen, welche einer universalgültigen Logik zu stellen sind – die Wirksamkeit der Aussagenlogik beschränkt sich auf die Semantik der Aussagen (die Aussagenlogik ist immer noch nur Logik der Aussagen). Dass sie als allgemeingültig betrachtet wird, hat damit zu tun, dass wir die Gültigkeit der Aussagen auf die gesamte Wirklichkeit verallgemeinern, was ein unverzeihlicher Fehler ist.

Die Tatsache, dass Sätze entweder wahr oder falsch sein können, determiniert die Zweidimensionalität menschlicher Erkenntnis.

Dass die Aussagenlogik im natürlichen Kontext inadäquat ist, zeigt es sich deutlich in der Quantenphysik, in der das aussagenlogische Grundprinzip des ausgeschlossenen Dritten nicht gültig ist (in der Quantenphysik gilt das Überlagerungsprinzip der Superposition, in dem das „Dritte“ ausdrücklich zugelassen ist. Der Zustand der Superposition widerspricht der logischen Allgemeingültigkeit des Ausschlussprinzips der Aussagenlogik).
Auch der Begriff der Wahrheit, der für den logischen Ausschlussmechanismus fundamental ist, kommt in der Natur nicht vor, und zwar nicht nur aus dem Grund, dass die Natur gar keine Begriffe verwendet. Die Tatsache, ob ein Objekt p im Punkt (x,y,z) zur Zeit t des Kontinuums existiert oder nicht, kann zwar ein Gegenstand einer mehr oder minder wahrhaftigen Beschreibung sein, doch seine wirkliche Existenz oder Nichtexistenz innerhalb des Universums ist indiskutabel (sein Existenzzustand unterliegt keiner semantischen Beurteilung und keiner dialektischen Interpretation – sein Zustand ist absolut – unser vielzitierter Baum, der am Straßenrand steht, existiert oder existiert nicht, unabhängig von Bewusstsein, Wissen und gutem Willen des Beobachters, vor allem aber unabhängig von der Aufrichtigkeit seines Berichtes).

Es stellt sich folgendes heraus: Indem die Existenz der Werte (auch der logischen, wie sich gleich herausstellen soll) innerhalb der Wirklichkeit der Gegenstände negiert wird, fallen die Grundmauern der zweiwertigen Logik. Wird nämlich die Nichtexistenz der Begriffe innerhalb der nichtverbalen Natur und auf der Ebene des Absoluten angenommen, so wird gleichzeitig die Existenz von „Wahrheit“ und „Falschheit“ als absolut gültiger Werte ausgeschlossen. Diese Begriffe, wie alle anderen, haben nämlich nur Sinn im Kontext eines lokal artikulierenden Bewusstseins – sie sind sinnlos im Kontext universal organisierter Natur – diese kennt nämlich keine Begriffe und keine Werte.

Die Wahrheit als logischer Wert, hat folglich nur Sinn im Kontext eines Bewusstseins, das sich der zweiwertigen Aussagenlogik bedient. Die „Wahrheit“ und die „Falschheit“ existieren daher nicht im universellen Kontext des Absoluten.

Das ist nicht irrelevant – dadurch erübrigt sich nämlich das Dilemma des Satzes „Wenn Gott gut ist, was tut Er mit denen, die es nicht sind?“

Gott, wie sich gerade herausstellt, als eine Instanz des Absoluten, steht nicht im moralischen Kontext. Wir vereinfachen die Betrachtung.

Umwertung der ethischen Werte: Postmoralität.

Die binäre Moral des „Guten“ und des „Bösen“ kann im Absoluten nicht gültig sein, denn es gilt im Absoluten auch keine binäre Logik des „Wahren“ und des „Falschen“.

„Das Gute” und „Das Böse“ sind Begriffe, welche nur im zweiwertigen Raum der Aussagenlogik sinnvoll sind.

Das Gute ist nichts anderes als Wahrheit, das Böse entsteht stets aus dem Falschen.

Der „gute Hirte“ spricht Wahrheit, „der böse Magier“ verfolgt seine eigenen Ziele, verführt die Unschuldigen, welche er durch Lüge und List erreicht. Die logische Werte-Dualität verursacht die moralische.

Die Natur ist frei von Moral.

Wenn die zweiwertige Logik der Ursprung der zweiwertigen Moral ist, und wenn sowohl diese, als auch jene nichts mit Natur zu tun haben, und wenn parallel angenommen wird, dass Gott ein Bestandteil der Natur oder sogar sie selbst ist, dann kann konsequenterweise behauptet werden, dass Moral, welche den Menschen tangiert, nicht Natur und nicht Gott betreffen kann.

Unsere Logik, Moral und Ethik müssen universalgültig gemacht werden, sonst werden Begriffe wie „Gott“ oder „das Absolute” ihre Bedeutung und ihren Sinn bald verlieren. Das einmal entstandene Bewusstsein des Absoluten und Universellen, kann nämlich nicht „ungeschehen“ gemacht werden.

Indem wir Mechanismen erkennen und Worte für neue universale Verbindungen finden, werden wir uns bereits in der anderen Welt befinden, in einer Welt, in der ausschließlich universelle Werte gültig sind.

Die Gefahr des Nihilismus und wie sie zu vermeiden ist.

Im obigen Text habe ich reinen Tisch mit traditionellen Werten gemacht. Ich habe auch die Fundamente einer neuen Rationalität erschaffen. Dem aufmerksamen Leser ist gewiss nicht entgangen, dass wir uns bis an die Nihilismusgrenze vorgearbeitet haben, und dass wir diese bereits überschritten.

Dies würde aber bedeuten, dass das vorgeschlagene logische System eine Tautologie im negativen Sinne ist (alle behandelten Wertesysteme haben wir dekonstruiert und gleichermaßen für ungültig erklärt). Dies wäre an sich nichts Verwerfliches, ginge es mir darum, den Schlüssel zur definitiven Wahrheit zu besitzen, doch was wir bereits wissen, ist, dass eine solche Wahrheit innerhalb der klassischen Dialektik undenkbar ist (sie ist logisch ausgeschlossen) – dies ist ein guter Hinweis – es ist zumindest klar, dass wir nun weiter suchen können und suchen müssen.
Und siehe da – wir haben bereits den Ausweg aus dieser semiotischen Fliegenfalle gefunden.

Es ist das Vorher skizzierte System der Logik des Absoluten.

Indem wir die Grenzen des in unserem logischen Raum Denkbaren erreichen, eröffnen sich vor uns auf natürliche Weise neue Möglichkeiten. Wir lassen hinter uns die Welt des Lokalgültigen, und wenden uns der Welt, in der sämtliche Werte universalgültig sein müssen, um überhaupt zu bestehen („Universelle Logik des Absoluten“ oder „Logik Gottes“)

Wir sind beispielsweise zu der Überzeugung gelangt, dass eventuell existierender Gott keine irdische Religion bevorzugen kann, denn eine dualistische (sprachliche) und eine lokalgültige Religion für die Beschreibung universalgültiger Institutionen grundsätzlich inadäquat sein muss.

Diese Untauglichkeit in Bezug auf Gott, zeigt es sich unmissverständlich auf der lokalen Ebene. Dort kommt es zum Widerspruch zwischen dem universellen Begriff Gottes – dem Schöpfer von Allem – und den lokalgültigen, partikulären Systemen der Glaubensverwaltung, welche aus universeller Perspektive miteinander im Widerspruch stehen (sie konkurrieren miteinander um die „Wahrhaftigkeit“ ihrer jeweiligen Dogmen und um die „Legitimität“ ihres jeweiligen Anspruchs). Dieselbe Untauglichkeit der Religion in Bezug auf Gott zeigt es sich auch aus der universellen Sicht – hier als logische Unvollständigkeit erkennbar: die Religionen, als logische Konstrukte, können nicht als vollständig betrachtet werden, denn sie besitzen keine universale Gültigkeit – dass sie Gott im Schilde führen ist eine Usurpation, kein Zeichen der spirituellen Verbindung mit der Ebene des Absoluten. Allein die Tatsache der parallelen Existenz von verschiedenen, lokalgültigen, konkurrierenden, für sich Alleingeltung usurpierenden Systemen, schließt ihre jeweilige Universalgültigkeit und somit ihre logische Vollständigkeit aus. Eine solche lokal unerreichbare Universalität, müsste aber sowohl eine logisch vollständige Religion selbst, als auch ihre Gottheiten und Instanzen auszeichnen. Die Gottesperspektive oder die Perspektive des Absoluten muss daher frei von jeglichem Konfessionalismus sein, um die eigenen logischen Voraussetzungen nicht zu verletzen.

Diese zwei Zuständigkeiten – Gott und Religion – sind miteinander unvereinbar.

Dies gilt zweifelsfrei.

Zurück zum Thema. Als wir nun vor den Trümmern der klassischen Ordnung stehen, können wir leicht verzweifeln – wir haben ja alles verloren, an dem wir uns orientiert haben: die Werte, die logische Ordnung, den Sinn und den Bezug. Wir haben aber, wie erwähnt, die Grundlage für eine neue Rationalität im Voraus konstruiert.

Aus zwei gegenwärtig zur Auswahl stehenden Alternativen: der Alternative des Verbleibs innerhalb der klassisch-dualistischen Rationalität und der Alternative des Ausbruchs aus der Zweidimensionalität der Logik, wähle ich die zweite.

Wie bereits erwähnt, geht es mir u.a. um die logische Perspektive Gottes. Es geht dabei ausdrücklich nicht darum, jemand zu überzeugen, ich oder jemand anders seien Gott, und es geht nicht darum zu behaupten, Gott gäbe es wirklich – es geht allein darum, die lokale Ego-Perspektive durch künstlich erzeugte Universalperspektive zu ersetzen. Im Grunde geht es also um die Relativierung der Ego-Perspektive, um das Ablegen der lokalgültigen Wertesysteme und Preferenzen, welche uns nur von der Ego-Perspektive aus zugänglich sind, und sinnvoll erscheinen, aber aus der Universalperspektive nicht einmal existieren.

Um dies zu ermöglichen und um dies zu erleichtern haben wir die virtuelle Realität der traditionellen Werte analysiert und festgestellt, dass ihre Gültigkeit nicht universal ist, und uns deshalb nicht betrifft.

aus Kommentar:

Ich dekonstruiere hier nicht nur Begriffe und Werte, sondern auch Logik, mit deren Hilfe ich mich verständlich ausdrücken will. Wenn ich von den Grenzen meiner Welt spreche, so spreche ich nicht von den Grenzen dieser Logik. Ich spreche von den Grenzen der universellen Logik des Absoluten oder anders von Logik Gottes, die ich in Unabhängigkeit von seiner Existenz als Instrument oder als einen Referenzrahmen konstruieren kann ().

Ich kann mir nämlich die Frage stellen, wie sieht Gott die Dinge?

Seine Perspektive ist gewiss nicht lokal und nicht ideologisch, nicht national und nicht konfessional…sondern universell. Wie gesagt – ich stelle mich nicht breitbeinig als Gott dar, sondern übernehme die Perspektive, die ich Gott unterstelle (unabhängig davon, ob Er existiert und unabhängig davon, ob meine Vorstellung „objektiv“ der „Wahrheit entspricht“).
Dadurch trete ich bereits aus meiner irdischen Nihilismusfalle heraus.

Ich zeige, was sich hinter Nihilismus verbirgt. Es ist keinesfalls Nichts, denn wenn das Nichts definitionsgemäß nicht existieren kann, dann ist alles, was ist, pure Existenz.

Deshalb ist Nihilismus keine Grenze in dieser Welt, sondern eine notwendige Stufe der Erkenntnis, um neue Horizonte zu erblicken.

Das Tor zu neuem Zeitalter steht nun offen.

Wozu das Ganze? Wozu brauchen wir ein philosophisches System, in dem traditionelle Werte infrage gestellt werden?

Die Antwort auf diese Frage ist genauso verblüffend, wie einfach: weil diese Werte sowieso fallen.

Das ist der Grund der Angst, von der ich eingangs schrieb. Eben diese Entwicklung befürchten all die Verteidiger der Tradition, Beschützer des wahren Glaubens, etc. Eben deshalb erfährt die Konservative weltweit den starken Zulauf – die Leute sind ängstlich und verunsichert. Mit dem Verfall der traditionellen Wertesysteme verbinden sie den Untergang der Zivilisation und der gesellschaftlichen Ordnung.

Meine philosophische Absicht ist es zu zeigen, dass dem Verfall der Werte keine zivilisatorische Katastrophe folgen wird.

Der Nihilismus ist nicht die tragische Konsequenz und das Ende des Sinnvollen, sondern eine Voraussetzung für neue universelle Gültigkeit.

Die Trennung vom Ding und Begriff erachte ich indes für unumgänglich, denn wenn wir uns schon darin einig sind, dass innerhalb der Natur keine Begriffe der Sprache Gültigkeit besitzen, dann werden wir uns auch darüber einigen, dass innerhalb der Natur keine Lüge existieren kann, und konsequenterweise auch keine Moral.

Sobald nämlich dialektische Sprache zum Bezeichnen der Dinge herangezogen, und solange zwischen Begriff und Ding nicht unterschieden wird, besteht nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Notwendigkeit, dass auch über das Absolute das gewöhnte „quod libet“ erzählt wird.

Diese Möglichkeit haben wir nun unterbunden. Wahrheit, Lüge, Moral, Ethik – all dies sind Attribute der Sprachwelt – sie besitzen auf der Ebene des Absoluten keine Gültigkeit.

Indem ich die Sprachwelt von der Welt der Dinge und Bilder trenne, erkenne ich einen tieferen Sinn meiner eigenen Existenz.

Die Trennung ist sinnvoll, denn wo das Wort ist, erscheint zwangsläufig Lüge.

Der Grund: zwischen Lüge und Wahrheit gibt es keinen formellen Unterschied. Eine glaubwürdige Lüge kann gar nicht von der Wahrheit unterschieden werden, denn eine Lüge muss genauso wie die reinste Wahrheit eine makellose logische Form besitzen. Nur so kann sie glaubwürdig sein.

Besäße Lüge erkennbare formale Fehler, welche sie von der Wahrheit unterscheiden, wäre die Diagnose der jeweiligen Wahrhaftigkeit der Aussagen eine reine Formalität.

Die Lüge ist von Wahrheit aber auch deshalb nicht zu unterscheiden, weil jede Behauptung, lokal, widerspruchsfrei bewiesen werden kann, und zwar völlig unabhängig von ihrem tatsächlichen Wahrheitsgehalt* (Womit sich Dialektik ernährt).

Dadurch aber, dass wir die dialektische Sprache vom universal-logischen Raum Gottes fernhalten, kann dort auch keine Lüge existieren. Und konsequenterweise keine Moral.

Jetzt begreifen wir plötzlich alles…das ist das Göttliche. So äußert es sich im Absoluten…

Alles beginnt sich in ein perfektes Bild zusammenzufügen:

Wir überwinden hier nicht nur den frühen Wittgenstein – es passiert viel mehr als das… Indem wir die Lüge überwinden, erreichen wir einen universellen Referenzrahmen für die menschliche Vernunft und eine universallogische Kompetenz, die den Beginn eines neuen, strahlenden Zeitalters markiert (wie soll ich das sonst nennen? Es geht ja um die Überwindung der Lüge! – also um etwas von epochaler Bedeutung).

Wir stellen den Sinn der „Leere“ als einer Kulmination der durch das Ego kontrollierten Rationalität infrage, und somit überwinden wir die Tradition der klassisch-philosophischen Systeme wie Samkhya, oder Buddhismus. Wir erschaffen ein logisches System, dass ohne den Begriff der „Leerheit“ auskommt – die Perspektive Gottes erweist sich in diesem Punkt als eine wunderbare Alternative, die alles beinhaltet, nicht leer ist, und trotzdem sich vom Ego diametral unterscheidet.

Es ist hier verdammt viel gutes passiert.

*) Aus Verallgemeinerung der gödelschen Sätze:

Dialektische Behauptung der Unvollständigkeit – es wird immer mehr Wahrheiten geben, als diejenigen, die lokal beweisbar sind.

Dialektische Behauptung der Unbeweisbarkeit – es wird immer Sätze geben, welche in der Sprache des Systems S formuliert sind, und deren Wahrheit in S weder bewiesen, noch widerlegt werden kann.

Behauptung der dialektischen Nicht-Endgültigkeit (meine eigene): die Zahl der schlüßigen und wirksamen Argumente ist innerhalb eines jeden dialektischen Systems S höher, als die Zahl der durch sie in S zu beweisenden Thesen.

(es gilt deshalb prinzipiell: es kann kein definitives Argument und keine definitive Wahrheit in S formuliert werden…und: es lässt sich alles dialektisch ausdrücken und beweisen. Grundsätzlich).

Kierkegaard:

Wenn Du mir einen Namen gibst, verneinst du mich. Indem du mir einen Namen, eine Bezeichnung gibst, verneinst du all die anderen Dinge, die ich vielleicht auch sein könnte. Du beschränkst das Teilchen etwas zu sein, indem du es festnagelst, es benennst, aber gleichzeitig erschaffst du es, definierst es zu existieren.“

Der Unterschied zwischen „lokal“ und „universal“ ist real und deutlich zu erkennen. Betrachten wir die Sonne lokal, von der Erde aus, so sind wir vertraut mit ihren Auf- und Untergängen – diese entstehen ja als Konsequenz der Rotationsbewegung der Erde und sind auf ihrer Oberfläche real. Wird die Sonne jedoch aus der universellen Perspektive betrachtet (vom All aus), so geht sie niemals auf und niemals unter. Dies zeigt, warum lokalgültige Wahrheiten nur lokal vollständig und widerspruchsfrei erscheinen…was ist schließlich falsch an der Aussage: „die Sonne geht auf“? Nichts. Sie ist nicht falsch, sie ist bloß lokalgültig und deshalb mit Sicherheit unvollständig. Wird diese Aussage verallgemeinert und auf den Stern bezogen, so ist ihre Unvollständigkeit offensichtlich. Einfach, nicht wahr?

Jeder Paradigmenwechsel erfordert Zeit, das Neue zu erkunden, sich daran zu gewöhnen, als auch von dem Alten abzulassen……wir sind immer noch dabei, die platonische Höhle zu verlassen.

Ich habe dir einen Weg gezeigt. Dieser wird unter bestimmten Aspekten und für manche Leser als spirituell verstanden, in Wirklichkeit aber geht es hier um pure Rationalität, um den Verstand, darum, die limitierte, dualistische (im Kern zweidimensionale) Ego-Vernunft aufzugeben. Ohne Angst zu verspüren. Einfach, weil die Zeit dafür gekommen ist. Die Zeit zu erkennen, dass es außerhalb der Höhle eine wunderbare, bunte, fantastische, heile Welt leuchtet.

Auf Wiedersehen.